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Was ist ein Legacy System?

Der englische Begriff „Legacy“ bedeutet auf Deutsch „Vermächtnis“ oder „Erbe“ – allerdings kann ein solches Erbe auch bedeuten, dass es eigentlich um eine Altlast geht. Zahlreiche Unternehmen haben im Hinblick auf ihre IT-Systeme mit solchen Altlasten zu kämpfen. Als prominentes Beispiel gilt das europäische Bankensystem, das auf längst veralteter Software beruhen soll.

Bei einem Legacy System oder Altsystem handelt es sich um veraltete Software oder Hardware, die verwendet wird, obwohl eine Ablösung aufgrund der aktuellen technologischen Entwicklung überfällig ist. Legacy Systeme finden sich in allen Unternehmensbereichen, in denen IT-Anwendungen Relevanz besitzen. Viele dieser Altsysteme sind Individualentwicklungen, die zum Teil noch auf großrechnerbasierten IT-Strukturen basieren. Gemeinsam ist ihnen, dass sie im Hinblick auf Konnektivität, Skalierbarkeit, Sicherheit und den Aufwand für die Software-Wartung nicht mehr in der Lage sind, aktuelle Anforderungen zu erfüllen.

Warum halten Unternehmen an Legacy Systemen fest?

Für das Festhalten an einem Legacy System kann es viele Gründe geben:

  • Das Altsystem ist als Kernsystem tief in der IT-Struktur des Unternehmens verwurzelt. Ein Austausch erscheint zumindest auf den ersten Blick nur unter größeren Schwierigkeiten möglich.
  • Die Legacy Software funktioniert trotz ihres Alters bisher problemlos. Zudem ist sie im Unternehmen seit langem etabliert, so dass die Verantwortlichen zögern, sie durch aktuelle Systeme zu ersetzen.
  • Um das Altsystem zu ersetzen, müssen Unternehmen finanzielle und zeitliche Ressourcen investieren.
  • Oft sind die Entwickler von Legacy Software ebenso wie eine vollständige Systemdokumentation nicht mehr verfügbar. Bei einem Austausch befürchten Unternehmen Datenverluste sowie die Störung wichtiger betrieblicher Prozesse.

Warum ist der Wechsel von Legacy Software auf aktuelle IT-Anwendungen trotzdem sinnvoll?

Trotzdem sprechen viele Argumente dafür, ein Legacy System durch aktuelle Software und gegebenenfalls auch neue Hardware auszutauschen:

1. Sicherheitsprobleme

Sicherheitsprobleme sind bei Legacy Software vorprogrammiert, da die Systeme mehrheitlich aktuelle Sicherheitsstandards und Datenschutzvorgaben nicht mehr erfüllen. Hierdurch können sehr schnell systemrelevante Sicherheitslücken, aber auch Compliance-Verletzungen entstehen.

2. Kompatibilitätsprobleme

Mit aktuellen Anwendungen und Technologien ist ein solches Altsystem, wenn überhaupt, oft nur in eingeschränktem Umfang kompatibel, zudem Schnittstellen für eine integrierte Datenverarbeitung und Datenverwaltung häufig fehlen.

3. Funktionalitätsprobleme

Unter anderem aufgrund unzureichender Datenintegration kann ein Legacy System innerhalb des Unternehmens zu funktionalem Stillstand führen. Daten werden in voneinander isolierten Datensilos vorgehalten – ihre Verfügbarkeit ebenso wie Möglichkeiten für komplexe Analytics sind daher sehr eng begrenzt. Moderne und teilweise automatisierte Auswertungs- und Analyseverfahren auf der Grundlage von Big Data, Künstlicher Intelligenz (KI) oder Data Science können auf der Basis von Altsystemen nicht zum Einsatz kommen. Auch die Anwendung digitaler Technologien in Produktions- und Leistungserbringungsprozessen stößt durch Legacy Systeme schnell an ihre Grenzen.

4. Integrationsprobleme

Die Konnektierbarkeit und Skalierbarkeit von Legacy Systemen sind generell begrenzt, so dass es schwierig ist, sie in eine moderne IT-Infrastruktur zu integrieren.

5. Wartungsprobleme

Ein Legacy System erfordert im Vergleich zu einer modernen IT-Architektur einen deutlich höheren Aufwand für die Software-Wartung.

6. Kostenprobleme

Ein Altsystem ist ein relevanter Kostenfaktor. Um das System funktionsfähig zu erhalten, sind oft spezielle Ersatzteile und Know-how erforderlich. Auf lange Sicht steht der finanzielle Aufwand, um ein Altsystem funktionsfähig zu erhalten, fast immer in einer ungünstigen Relation zu den Investitionen in ein modernes IT-System.

Was tun im Worst Case? Die Software-Wartung für das Legacy System wird eingestellt

Der Worst Case ist gegeben, wenn der Hersteller des Altsystems den Wartungsvertrag für die Software kündigt und keinen Support mehr zur Verfügung stellt. Für die Betreiber von Legacy Systeme ergeben sich daraus Herausforderungen in mehr als einer Dimension. Besonders relevant sind hier die folgenden Punkte:

  • Der Wartungsvertrag für die Software lässt sich nicht ohne weiteres auf einen anderen Anbieter übertragen. Ebenso ist es aufgrund des verloren gegangenen Know-hows nicht möglich, die Software-Wartung unternehmensintern zu organisieren.
  • Die Wartung des Systems oder ein neuer Wartungsvertrag für die Software verursachen noch höhere Kosten als bisher.
  • Das Legacy System erreicht spätestens jetzt einen kritischen Sicherheitsstatus, da grundlegende Sicherheitsupdates nicht mehr zur Verfügung stehen.
  • Bestehende Schnittstellen zu anderen Systemen funktionieren nicht mehr.
  • Der Rollout eines modernen Ersatzsystems kann sich langwierig und durch den Parallelbetrieb von Alt- und Neusystem ineffizient und kostenaufwändig gestalten. Gleichzeitig deckt das Neusystem zumindest in der Anfangsphase noch nicht alle erforderlichen Funktionen ab.
  • Die Datenmigration muss strategisch geplant und ausgestaltet werde, um Datenverluste sicher auszuschließen.

Trotzdem führt am Ersatz des Altsystems früher oder später kein Weg vorbei, wenn es im Unternehmen nicht zu – zum Teil beträchtlichen – Produktivitätseinbußen und Sicherheitsproblemen kommen soll.

Alternativen zum existierenden Legacy System finden

Wenn der Wartungsvertrag für die Software abgelaufen ist, sind Unternehmen keineswegs dazu gezwungen, das Folgesystem des bisherigen Systemanbieters zu erwerben. Vielmehr besteht jetzt eine optimale Chance, bestehende Strukturen aufzubrechen und die IT-bezogenen Prozesse innerhalb des Unternehmens neu zu denken. Hierfür müssen sich Unternehmen jedoch einige strategische Fragen stellen.

Best-of-Breed vs. All-in-One

Bei der Anschaffung neuer Software und IT-Systeme war in Unternehmen über lange Zeit der sogenannte Best-of-Breed-Ansatz weit verbreitet. Dabei wird keine ganzheitliche IT-Lösung auf der Grundlage von Systemlösungen eines Anbieters etabliert – vielmehr kommt in den einzelnen Anwendungsbereichen eine jeweils spezifische Lösung zum Einsatz, die als optimal für die Realisierung der jeweiligen Prozesse betrachtet wird. Auch unternehmensinterne Gegebenheiten spielen hierbei eine Rolle – im Einzelfall lassen sich durch ein solches Vorgehen höhere Flexibilität und damit auch Produktivitätszuwächse erzielen. Teils lassen sich auch potenzielle Risiken minimieren. In der Ära volldigitalisierter Plattformen, die alle im Unternehmen vorhandenen Daten und IT-Systeme umfassend vernetzen, ist ein Best-of-Breed-Konzept – unter anderem aufgrund der daraus resultierenden Schnittstellenproblematik – in der Regel jedoch nicht mehr in der Lage, alle Anforderungen an eine zeitgemäße IT-Struktur ohne Abstriche zu erfüllen. Der allgemeine Trend in der IT geht heute eindeutig zu vollintegrierten Systemen, die eine durchgehende Prozessgestaltung unterstützen.

Bestandsaufnahme

Vor der Auswahl von Alternativen, die für den Ersatz eines Legacy Systems in Frage kommen, sollte eine Bestandaufnahme der bisherigen Prozessgestaltung stehen. Relevant sind in diesem Kontext beispielsweise die folgenden Fragen:

  • Wo und in welcher Form erfassen Sie in Ihrem Unternehmen Daten? Sind Excel-Listen bisher das vorherrschende Instrument dafür?
  • Wie sind die Zugriffsrechte auf Ihre IT gestaltet? Gibt es ein durchgängiges Rechtekonzept, das den Anforderungen unterschiedlicher Nutzergruppen Rechnung trägt?
  • Sind alle erforderlichen Daten jederzeit verfügbar? Oder muss Ihr Controlling möglicherweise höheren Aufwand für die Datenbeschaffung anstatt für die Datenanalyse betreiben?
  • Wurde in Ihrem Unternehmen eine zentrale Stammdatenverwaltung etabliert?
  • Wie viele Tage verbringen Sie mit der Unternehmenskonsolidierung und der Erstellung der jährlichen Bilanz?

Wenn sich in den Antworten Defizite im Hinblick auf eine zentral gesteuerte Prozessgestaltung zeigen, ist vom Prinzip her klar, dass Sie für Ihr Unternehmen – und als Ersatz für Ihr Legacy System – eine vollständig integrierte IT-Lösung benötigen.

Legacy Software ablösen – mit einer unternehmensindividuellen Strategie

Bei der Realisierung des Systemaustauschs sind die Datenmigration und das Vermeiden von Datenverlusten zentrale Fragestellungen und Arbeitsfelder. Generell gilt, dass es heute mittels moderner Technologien problemlos möglich ist, vorhandene Daten aus dem Legacy System in ein neues IT-System zu übertragen. Digitale Technologien unterstützen nicht nur die Sammlung und Weiterverarbeitung großer Datenmengen, sondern auch eine schnelle und reibungslose Umstellung von Systemen inklusive einer vollständigen Datenmigration. Im Blick behalten sollten Sie hierbei allerdings, welche Daten Sie in Zukunft tatsächlich benötigen und Ihre Datenbestände vor oder während des Aufbereitungsprozesses entsprechend aufbereiten und filtern.

Für die Umstellung selbst stehen Ihnen drei Optionen zur Verfügung:

  • Direktablösung inklusive aller Funktionalitäten, die unmittelbar durch das neue System übernommen werden,
  • sukzessive Übertragung von Teilfunktionen,
  • oder ein temporärer Parallelbetrieb, um die Funktionalität des neuen Systems schrittweise zu testen und gegebenenfalls zu optimieren

Eine Direktablösung bietet in der Regel einen Kostenvorteil, erfordert allerdings hohen Trainingsbedarf und birgt das Risiko, dass es zu Fehlern und Funktionsausfällen kommt. Bei den anderen beiden Ansätzen werden solche Risiken reduziert, da es möglich ist, die Funktionsfähigkeit des neuen Systems unter Praxisbedingungen zu erproben, das Legacy System jedoch bis auf weiteres in der Lage ist, Funktionsprobleme auszugleichen. Sie müssen hierbei jedoch mit einer längeren Projektlaufzeit kalkulieren. Welche Vorgehensweise besser ist, lässt sich nur unternehmensindividuell im Rahmen einer entsprechend angepassten, intelligenten Strategie entscheiden.