Gesetzlich vorgeschrieben und klar strukturiert
Als Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) wird ein Verfahren bezeichnet, das im HR-Management angesiedelt ist. Der Gesetzgeber gibt im § 167 Abs. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) IX klar vor, wann und wie der Arbeitgeber in dieser Frage aktiv werden muss: bei sämtlichen Mitarbeitern, die in den letzten 12 Monaten für mehr als sechs Wochen bzw. 42 Tage ohne Unterbrechung oder wiederholt krankgeschrieben waren.
Dabei hat ein Betriebliches Eingliederungsmanagement einerseits das Ziel, die relevanten Mitarbeiter reibungslos wieder in die betrieblichen Abläufe einzugliedern. Andererseits soll untersucht werden, ob sich mit geeigneten Maßnahmen einer erneuten Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt werden kann. Ist ein Mitarbeiter langfristig erkrankt, geht es auch darum, den Arbeitsplatz des Betroffenen zu erhalten. Damit ist ein Betriebliches Eingliederungsmanagement klar von den Krankenrückkehrgesprächen abzugrenzen.
Wer muss Betriebliches Eingliederungsmanagement anbieten?
Seit 2004 herrscht hier Klarheit: Laut § 167 Sozialgesetzbuch (SGB) IX ist grundsätzlich jeder Arbeitgeber dazu verpflichtet, ein Betriebliches Eingliederungsmanagement anzubieten - und das vollkommen unabhängig davon, wie viele Beschäftigte ein Unternehmen hat. Einbezogen werden müssen alle – Angestellte ebenso wie außertariflich Angestellte, Beamte, befristet und in Teilzeit Beschäftigte, Aushilfskräfte, Auszubildende und Praktikanten sowie Werkstudierende. Die einzige Ausnahme: Sofern der Betroffene weniger als sechs Monate im Unternehmen beschäftigt ist, trifft das Unternehmen keine Pflicht für ein Betriebliches Eingliederungsmanagement. In der Regel befindet sich der Arbeitnehmer dann ohnehin noch in der Probezeit.
Der BEM-Ablauf ist entscheidend
Während die Initiative für ein Betriebliches Eingliederungsmanagement beim Arbeitgeber liegt, beruht der gesamte Prozess auf dem Prinzip der Freiwilligkeit: Der betroffene Mitarbeiter muss also der Teilnahme zustimmen, wenn er eine Einladung zum betrieblichen Eingliederungsmanagement erhält. Mit der Einladung wird eine ganze Reihe von Informationen und Unterlagen verschickt, wie beispielsweise:
- das Einladungsschreiben
- das vorbereitete Antwortschreiben
- die Datenschutzerklärung
- die Erklärung zur Entbindung von der Schweigepflicht
- die Verschwiegenheitserklärung
Nun kann der Mitarbeiter einerseits abwägen, ob er das Angebot annehmen möchte, und andererseits eigene Vorschläge einbringen.
Die Einladung sollte unbedingt auf folgendes hinweisen:
- Ein Betriebliches Eingliederungsmanagement grundsätzlich freiwillig ist
- Der Mitarbeiter kann seine Zustimmung zur Teilnahme jederzeit widerrufen
- Das Betriebliche Eingliederungsmanagement befasst sich mit den Ursachen für die bisherigen Erkrankungen und Möglichkeiten einer weiteren Arbeitsunfähigkeit
- Die werden Daten verantwortungsvoll verwendet – unter Benennung der Art, des Umfangs und der Verarbeitung der für das Verfahren erhobenen Daten
- Der Arbeitnehmer kann auf Wunsch Interessensvertretungen wie Betriebsrat oder Schwerbehindertenvertretung in die Gespräche einbeziehen
Ob ein oder mehrere Gespräche notwendig oder sinnvoll sind, hängt immer von der konkreten Aufgabenstellung ab. In jedem Fall sollten alle Beteiligten, also neben dem Arbeitnehmer der Arbeitgeber und bei Bedarf weitere Interessenvertreter wie Betriebsrat, Schwerbehindertenvertretung, Reha-Träger oder das Integrationsamt, mitwirken, um gemeinsam konkrete Schritte zu erörtern. Damit diese Gespräche zum Erfolg führen, muss zunächst Vertrauen aufgebaut werden – schließlich werden sehr persönlich Befindlichkeiten des Arbeitnehmers thematisiert. In der Regel wird nämlich ein Krankengespräch durchgeführt. Das ist zwar gesetzlich nicht vorgeschrieben, der Beschäftigte muss dieser Einladung jedoch nachkommen und kann ein Mitglied des Betriebsrates hinzuziehen, sofern dieser im Unternehmen existiert.
Die in den Gesprächen besprochenen Maßnahmen zur stufenweise Wiedereingliederung sind vom Unternehmen umzusetzen und zu kontrollieren. Dabei kann es sich unter Anderem um folgende Inhalte handeln:
- Die Beschaffung oder den Einsatz von technischen Hilfsmitteln am jeweiligen Arbeitsplatz, wie zum Beispiel bei Rückenerkrankungen oder nach Arbeitsunfällen.
- Zielführende Veränderungen am Arbeitsplatz, wie zum Beispiel Verbesserungen der Licht- und Geräuschverhältnisse.
- Die Einschaltung eines Mediators in Konfliktsituationen.
- Einen mit dem Vorgesetzten abzustimmenden veränderten Aufgabenzuschnitt.
- Die Anpassung der Arbeitszeiten durch eine stufenweise Wiedereingliederung.
- Den Wechsel der Tätigkeit, sollte die Erkrankung den Einsatz am bisherigen Arbeitsplatz unmöglich machen.
Den erarbeitenden Maßnahmen muss der behandelnde Arzt auf der Grundlage des Eingliederungsplanes zustimmen. Dazu stellt er eine ärztliche Bescheinigung aus, die einerseits die Wiedereingliederungsmaßnahmen, andererseits eine Prognose zum Zeitpunkt der Wiedererlangung der vollen Arbeitsfähigkeit enthält. Bevor die Maßnahmen eingeleitet werden, müssen der Arbeitgeber und die Krankenkasse ebenfalls unbedingt ihre Zustimmung erteilen. Der betroffene Beschäftigte gilt für die Zeit der stufenweisen Wiedereingliederung als arbeitsunfähig und bezieht während Krankengeld von der gesetzlichen Krankenversicherung oder Übergangsgeld von gesetzlichen Rentenversicherung.
Auswirkungen auf krankheitsbedingte Kündigungen
Eine krankheitsbedingte Kündigung sollte grundsätzlich das letzte Mittel sein, das unter folgenden Voraussetzungen genutzt werden kann:
- Die Gesundheitsprognose ist negativ.
- Die krankheitsbedingten Fehlzeiten des Betroffenen beeinträchtigen nachweislich und erheblich die betrieblichen Interessen des Arbeitgebers.
Wird dem betroffenen Beschäftigten jedoch kein Betriebliches Eingliederungsmanagement angeboten und kann sich der Arbeitnehmer auf das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) berufen, kann eine krankheitsbedingte Kündigung bereits deswegen unwirksam sein.
Die wichtigsten Erfolgsfaktoren für ein Betriebliches Eingliederungsmanagement sind deshalb: eine solide Vertrauensbasis, ein stringentes Datenschutzkonzept und ein professioneller Ablauf!
Ein Betriebliches Eingliederungsmanagement lohnt sich
Es gibt gute und triftige Gründe, sich als Unternehmen um ein effizientes Betriebliches Eingliederungsmanagement zu kümmern: Einerseits fördert es die Gesundheit und damit die Leistungsfähigkeit der Beschäftigten, andererseits verhindert es das Ausscheiden von Mitarbeitern. Gerade in Zeiten des zunehmenden Fachkräftemangels kann dies für Unternehmen ein nicht zu unterschätzender Faktor sein. Unter dem Strich profitieren beide Seiten: Die Betroffenen selbst haben so die Chance, Arbeitslosigkeit oder Frühverrentung zu vermeiden. Das Unternehmen wiederum reduziert die mit dem Ausfall verbundenen Kosten, die beispielsweise mit dem Recruiting, der Neueinstellung und der Einarbeitung von Ersatzkräften verbunden sind.
Wichtiges Doppel: BEM und Datenschutz
Um eine solide Vertrauensbasis zu schaffen, dürfen die im Rahmen des Betrieblichen Eingliederungsmanagements erhobenen Daten ausschließlich zweckgebunden verwendet werden. Das Unternehmen hat also sicherzustellen, dass die relevanten Gesundheitsdaten grundsätzlich getrennt von der Personalakte aufbewahrt und vor Zugriff geschützt werden. Dazu wird eine sogenannte Beiakte für Gesundheitsdaten angelegt.
Kann eine BEM-Software konkret unterstützen?
Ein Betriebliches Eingliederungsmanagement ist ein Prozess, bei dem Daten erfasst, Gespräche und Festlegungen dokumentiert und vor allem kontrolliert und ausgewertet werden müssen. Eine Softwarelösung kann genau diese Schritte abbilden, um allen Beteiligten ein Höchstmaß an Unterstützung zu gewährleisten:
- Rechtssichere Dokumentation
- Automatische Erstellung von Schreiben
- Flexible Berichterstellung und Auswertung
- Terminierung von Aufgaben- und Maßnahmenplanung
Damit erleichtert die Software nicht nur die Berücksichtigung aller relevanten Aspekte, die ein Betriebliches Eingliederungsmanagement vorsieht, sondern sorgt auch für eine stringente Abwicklung aller notwendigen Schritte.
Fazit zum BEM
Ein Betriebliches Eingliederungsmanagement ist jedem Arbeitgeber gesetzlich vorgeschrieben – und das nicht ohne Grund: Besteht die Chance, einen lang oder häufig erkrankten Arbeitnehmer mit den geeigneten Maßnahmen zu unterstützen und so eine künftige Arbeitsunfähigkeit zu vermeiden, realisieren beide Seiten Vorteile. Um alle Möglichkeiten effektiv auszuschöpfen, empfiehlt sich einerseits ein klar strukturierter Prozess, der andererseits von einer BEM-Software intelligent unterstützt wird.