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Die Jahressteuergesetze 2024

Geschrieben von CSS | Jan 20, 2025 12:29:32 PM

 

Das Erste und Zweite Jahressteuergesetz 2024

Das Jahressteuergesetz 2024 wurde als eine der weitreichendsten Steuerreformen der letzten Jahre geplant. Es zielte darauf ab, ein faireres Einkommensteuersystem in Deutschland zu schaffen und enthält zentrale Maßnahmen zum Abbau von Bürokratie sowie zur Förderung der Digitalisierung. Diese Ziele wurden bereits im Koalitionsvertrag der ehemaligen Ampel-Regierung festgelegt.

Nachdem bereits in ersten Besprechungen klar wurde, dass der Umfang der Reformen enorm war, entschied man sich, die Gesetzgebung in zwei Pakete zu unterteilen: das Jahressteuergesetz I und das Jahressteuergesetz II, welches später in Steuerfortentwicklungsgesetz (SteFeG) umbenannt wurde, um die Differenzierung zu erleichtern.

Der ehemalige Finanzminister Christian Lindner (FDP) erklärte bei einer Pressekonferenz im Juni 2024 sinngemäß, dass es sich bei dem Jahressteuergesetz 2024 um die Umsetzung „technischer“ Änderungen handle, während das Jahressteuergesetz II (später Steuerfortentwicklungsgesetz) die Umsetzung „politischer“ Änderungen umfasse.

In diesem Artikel erläutern wir für Sie die wichtigsten Gesetze der beiden Gesetzespakete.

Was ist das Jahressteuergesetz 2024 (JStG 2024)?

Das Jahressteuergesetz 2024 umfasst insbesondere Maßnahmen zum Bürokratieabbau und dem Vorantreiben der Digitalisierung. Hinzu kommen anpassende Gesetzesänderungen, die aufgrund von EU-Recht und der Rechtsprechung des EuGH, des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesfinanzhofs nötig sind. 
Außerdem werden Verfahrens- und Zuständigkeitsfragen, Anpassungen und Folgeänderungen aus bereits vollzogenen Gesetzesänderungen geregelt und Fehler korrigiert. Das Jahressteuergesetz 2024 nimmt Änderungen an einer Vielzahl an Gesetzen vor. Mit ca. 130 Einzelmaßnahmen bewirkt das Gesetzespaket Änderungen quer durch das gesamte Steuerrecht. Viele dieser Einzelmaßnahmen sind nicht oder nur partiell miteinander verbunden und haben überwiegend technischen Charakter.

Nicht alle Gesetzesvorhaben aus dem ersten Entwurf wurden im Dezember 2024 verabschiedet und in Gesetze bzw. Gesetzesänderungen überführt. Vollständig gestrichen wurde das Gesetzesvorhaben  „Lohnsteuerliche Behandlung von Mobilitätsbudgets“; das lohnsteuerlich begünstigte Mobilitätsbudget für Arbeitnehmer wird es leider nicht geben.

Mehr zum Jahressteuergesetz 2024 in der  Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt Nr. 387 2024.

Welche Gesetze beinhaltet das Jahressteuergesetz 2024?


  • Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit Photovoltaikanlagen
    Ab dem 1. Januar 2025 dürfen Photovoltaikanlagen bis zu einer Leistung von 30 Kilowatt (peak) pro Wohn- oder Gewerbeeinheit steuerfrei betrieben werden – und zwar für alle Gebäudearten. Das ist eine Verbesserung, denn bisher lag die Grenze bei 15 Kilowatt (peak) pro Einheit für Gebäude mit mehreren Einheiten. Weiterhin gültig bleibt, dass die Gesamtleistung aller Anlagen pro Steuerpflichtigen oder Mitunternehmerschaft 100 Kilowatt (peak) nicht überschreiten darf.
    Ein wichtiger Punkt: Die Steuerbefreiung hat eine sogenannte Freigrenze und keinen Freibetrag.

    Die neuen Regelungen gelten für alle Anlagen, die nach dem 31.12.2024 gekauft, in Betrieb genommen oder erweitert werden.

    Zur Unterscheidung:
    Bei einem Freibetrag bleiben bis zu einem bestimmten Beitrag die Einnahmen steuerfrei. Was über den Freibeitrag hinausgeht, muss versteuert werden. Bekannte Beispiele dafür sind der Sparerfreibetrag, der Grundfreibetrag und der Kinderfreibetrag.
    Bei einer Freigrenze muss bei der Überschreitung der Freigrenze der gesamte Betrag versteuert werden. Eine solche Freigrenze existiert beispielsweise bei Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften.
  • Entlastungsbetrag für Alleinerziehende
    Ab dem Monat der Trennung können Alleinerziehende bei dauerndem Getrenntleben den anteiligen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende direkt als Freibetrag beim Lohnsteuerabzugsverfahren nutzen – vorausgesetzt, sie erfüllen die übrigen Bedingungen des Gesetzes (§ 24b EStG).
    Das neue Gesetz setzt ein Urteil des Bundesfinanzhofs (vom 28.10.2021) um und schafft Klarheit für das Lohnsteuerabzugsverfahren. Ab dem Folgejahr wird der Entlastungsbetrag dann ausschließlich über die Steuerklasse II berücksichtigt.
  • Abzug von Kinderbetreuungskosten
    Eltern können höhere Kinderbetreuungskosten steuerlich geltend machen. 80 Prozent der Kosten (früher nur zwei Drittel) für Kinderkrippe, Kindergarten oder Tagesmutter sind nun absetzbar. Der entsprechende Höchstbetrag steigt auf 4.800 € an.
    Bonusleistungen / Beitragserstattungen der Krankenkasse
    Bonuszahlungen, die für das gesundheitsbewusste Verhalten der Versicherten von den gesetzlichen Krankenkassen gezahlt werden, bleiben nun auf Dauer bis zu 150 € steuerfrei.
  • Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung / Frist
    Der Starttermin für Anträge auf Lohnsteuer-Ermäßigungen wird vom 1. Oktober auf den 1. November verschoben. Der ursprüngliche Termin stammt noch aus der Zeit der Papierlohnsteuerkarten, ist aber durch das elektronische Verfahren nicht mehr sinnvoll.
    Viele Arbeitnehmer beantragen den Freibetrag für das Folgejahr ohnehin nicht schon im Oktober. 
    Der 1. Oktober ist zudem schwierig, da die erforderlichen Vordrucke erst Anfang September freigegeben werden und das elektronische Verfahren darauf aufbaut. Der spätere Termin am 1. November sorgt dafür, dass der Programmeinsatz rechtzeitig und zuverlässig gewährleistet ist.
  • Elektronischer Kindergeld-Antrag
    Kindergeld-Anträge sind bei der zuständigen Familienkasse elektronisch zu beantragen;
    ein Antrag in schriftlicher Form ist jedoch auch weiterhin möglich.
  • Lohnsteuer-Einbehalt
    Wenn Arbeitgeber zu wenig Lohnsteuer einbehalten haben und dies nicht nachträglich einbehalten können, müssen sie das dem zuständigen Betriebsstättenfinanzamt unverzüglich melden. Bisher geschah das schriftlich auf Papier und das Finanzamt ordnet die Fälle dann den betroffenen Arbeitnehmern zu.

    Künftig soll diese Meldung standardmäßig elektronisch erfolgen. Ein Papierformular soll nur noch in Ausnahmefällen genutzt werden dürfen, wenn es unzumutbar wäre, die Meldung elektronisch zu übermitteln. Dafür ist ein spezielles elektronisches Formular geplant.
  • eDaten, Änderung von Steuerbescheiden
    Dieser Punkt ermöglicht die Korrektur eines materiell fehlerhaften Steuerbescheides.

    Zur Unterscheidung:
    Ein materiell fehlerhafter Steuerbescheid liegt vor, wenn der Bescheid inhaltlich nicht korrekt ist, also die Steuerberechnung auf falschen Fakten, Daten oder rechtlichen Grundlagen beruht.
    Dem entgegengestellt wird ein formell fehlerhafter Bescheid, der zwar inhaltlich richtig ist, aber Mängel in der Form aufweist z. B. durch eine fehlende Unterschrift.

    Steuerbescheide können korrigiert werden, wenn elektronisch übermittelte Daten (sogenannte eDaten) falsch ausgewertet wurden – egal, wo der Fehler entstanden ist. Dabei gibt es zwei wichtige Fälle:

    1. Wenn Daten von Dritten (z. B. Arbeitgebern oder Banken) falsch ausgewertet wurden (§ 175b Absatz 1 AO).
    2. Wenn diese eDaten in der Steuererklärung ohne Korrektur übernommen wurden und sie sich nachträglich als fehlerhaft herausstellen, was zu einem Nachteil für den Steuerpflichtigen führte (§ 175b Absatz 2 AO).

    In beiden Fällen muss das Finanzamt den Fehler verpflichtend korrigieren. Es liegt nicht im Ermessen der Finanzbehörde.

    Eine Ausnahme gibt es: Wenn nachträglich neue oder korrigierte eDaten eingehen, die bei der ursprünglichen Steuerfestsetzung nicht relevant gewesen wären, darf der Bescheid nicht mehr geändert werden. Relevant sind nur Daten, die bei rechtzeitiger Kenntnis die Steuer eindeutig beeinflusst hätten.
  • Wohngemeinnützigkeit
    Vermieter werden nun gemeinnützig und somit steuerlich entlastet, wenn sie auf Dauer vergünstigten Wohnraum zur Verfügung stellen. Mit der Einführung der Wohngemeinnützigkeit möchte die Bundesregierung bezahlbares Wohnen unterstützen.
  • Umsatzsteuerbefreiung für Bildungsleistungen
    Die Regelungen zur Umsatzsteuerbefreiung für Bildungsleistungen im deutschen Recht werden an EU-Vorgaben angepasst. Für die Betroffenen ändert sich dadurch nichts: Die bisher umsatzsteuerfreien Bildungsleistungen bleiben weiterhin von der Umsatzsteuer befreit.
  • Besteuerung von Kleinunternehmen
    Ab dem 1. Januar 2025 können auch Unternehmer aus anderen EU-Ländern die deutsche Kleinunternehmerregelung nutzen. Dadurch sollen Wettbewerbsnachteile vermieden und der grenzüberschreitende Handel gefördert werden.
    Gleichzeitig können deutsche Unternehmer die Kleinunternehmerregelung in anderen EU-Ländern anwenden. Dafür wird ein spezielles Meldeverfahren eingeführt (§ 19a UStG).
  • Änderung des Erbschaftsteuergesetzes
    Der Pauschbetrag für Erbfallkosten steigt von 10.300 € auf 15.000 €. Damit müssen erbfallbedingte Ausgaben, wie Beerdigungskosten, seltener einzeln nachgewiesen werden.
  • Änderung des Biersteuergesetzes
    Haus- und Hobbybrauer dürfen künftig bis zu 5 Hektoliter Bier steuerfrei brauen statt bisher 2 Hektoliter. Außerdem entfällt die Pflicht, ihre Brauvorgänge vorher anzumelden. Das soll Bürokratie und Verwaltungsaufwand verringern.

Warum gab es 2024 überhaupt ein Jahressteuergesetz II (später Steuerfortentwicklungsgesetz)?

Das Jahressteuergesetz II Steuerfortentwicklungsgesetz (SteFeG) wurde benötigt, nachdem die Regierung bereits früh bemerkte, dass die Jahressteuergesetze 2024 sehr umfangreich sein werden und ein Gesetzespaket allein für die Vielzahl an Änderungen nicht ausreichen wird. Zur besseren Differenzierung entschied man sich für die Umbenennung auf Steuerfortentwicklungsgesetz (SteFeG) für das zweite Gesetzespaket.
Im Kern geht es um Entlastungen bei der Einkommenssteuer, die Förderung von Kindern und Familien und Fortentwicklungen des Gemeinnützigkeitsrechts. Auch im Steuerfortentwicklungsgesetz kommen weitere Einzelmaßnahmen hinzu, die thematisch nicht oder nur teilweise miteinander verbunden sind.
Auch hier wurden nicht alle Gesetzesvorhaben aus dem ersten Entwurf im Dezember 2024 verabschiedet und in Gesetze bzw. Gesetzesänderungen überführt. Vollständig gestrichen wurden die drei Gesetzesvorhaben:
  1.  Überführung der Steuerklassen III und IV in das Faktorverfahren
    Dieses Vorhaben erhielt reichlich mediale Aufmerksamkeit durch verschiedene Social Media Kanäle und die Presse. Fakt ist, es handelt sich hier hauptsächlich um Gerüchte und dieser Punkt wurde aus dem Steuerfortentwicklungsgesetz gestrichen.
  2.  Anzeigepflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen
    Kurz gesagt, sollten Unternehmen und Berater den Finanzämtern selbsttätig anzeigen, wie und wo sie aktiv Steuern sparen möchten. Dieser Punkt wurde zuvor bereits aus einem Gesetzespaket gestrichen (Wachstumschancengesetz) und wurde auch 2024 nicht verabschiedet.
  3.  Anpassungen bei den Regelungen zur Gemeinnützigkeit
    Hier handelt es sich um eine Klarstellung zu einem bereits bestehenden Erlass. In diesem Punkt sollte klargestellt werden, dass eine steuerbegünstigte Körperschaft außerhalb ihrer Satzungszwecke gelegentlich Stellung zu tagespolitischen Themen beziehen kann, ohne dadurch ihre Gemeinnützigkeit zu gefährden. (AEAO zu § 52 Nr. 16: https://datenbank.nwb.de/Dokument/500001_52/ (ganz unten)

Welche wichtigen Gesetze beinhaltet das Steuerfortentwicklungsgesetz?

  • Steuerfreier Grundfreibetrag, Steuertarife, Solidaritätszuschlag
    Der Grundsteuerfreibetrag wird für jedes Jahr neu berechnet und beträgt für das Jahr 2025 12.096 € und für 2026 12.348 €.

    Der Spitzensteuersatz mit 42 Prozent greift 2025 ab einem Jahreseinkommen von 68.481 €; 2026 greift er ab einem Jahreseinkommen von 69.879 €. Der Schwellenwert zur sogenannten Reichensteuer mit 45 Prozent bleibt bestehen und liegt weiterhin bei einem Jahreseinkommen von 277.826 €.

    Außerdem gibt eine Anhebung der Freigrenzen beim Solidaritätszuschlag. Der Freibetrag von bisher 36.260 € wird zum 01.01.2025 auf 39.900 € und zum 01.01.2026 auf 40.700 € angehoben. Die Freigrenze bezieht sich auf die Bemessungsgrundlage des Solidaritätszuschlags, also die Lohnsteuer oder veranlagte Einkommensteuer.
  • Anhebung von Kinderfreibetrag und Kindergeld
    Der Kinderfreibetrag steigt auf 6.672 €, bzw. 3.336 € pro Elternteil, wirksam zum 01.01.2025. Das Kindergeld wird von bisher 250 € zum 1.Januar auf 255 € und 2026 auf 259 € angehoben.

Mehr zum Steuerfortentwicklungsgesetz in der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt Nr. 449 2024.

Kurzübersicht zu den einzelnen Gesetzen

Wird umgesetzt:

  • Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit Photovoltaikanlagen
  • Entlastungsbetrag für Alleinerziehende
  • Abzug von Kinderbetreuungskosten
  • Bonusleistungen / Beitragserstattungen der Krankenkasse
  • Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung / Frist
  • Elektronischer Kindergeld-Antrag
  • Lohnsteuer-Einbehalt
  • eDaten, Änderung von Steuerbescheiden
  • Wohngemeinnützigkeit
  • Umsatzsteuerbefreiung für Bildungsleistungen
  • Besteuerung von Kleinunternehmen
  • Änderung des Erbschaftsteuergesetzes
  • Änderung des Biersteuergesetzes
  • Steuerfreier Grundfreibetrag, Steuertarife, Solidaritätszuschlag
  • Anhebung von Kinderfreibetrag und Kindergeld


    Wird nicht umgesetzt: 
  • Lohnsteuerliche Behandlung von Mobilitätsbudgets
  • Überführung der Steuerklassen III und IV in das Faktorverfahren
  • Anzeigepflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen
  • Anpassungen bei den Regelungen zur Gemeinnützigkeit

Fazit und Ausblick

Die Steuerreformen des Jahres 2024 setzen wichtige Impulse für Bürokratieabbau, Digitalisierung und eine gerechtere Steuerverteilung. Insbesondere Familien und Alleinerziehende profitieren von den neuen Regelungen. Doch trotz der Vielzahl an Änderungen bleiben auch einige ambitionierte Vorhaben auf der Strecke. Der Blick in die Zukunft zeigt: Die Steuerpolitik bleibt dynamisch und wird auch in den kommenden Jahren neue Herausforderungen und Chancen mit sich bringen.