Die Pandemie war eine breit angelegte Initialzündung, die die Arbeitswelt nachhaltig verändert hat. Weltweit arbeiteten Tausende von Menschen plötzlich im Home Office. „Working from Home“ ist genauso wie das Coronavirus gekommen, um langfristig zu bleiben. Nicht in der mehr oder minder erzwungenen, absoluten Ausprägung, aber als Variable in neuen Arbeitsplatzmodellen. Der sich verschärfende Fachkräftemangel und die Notwendigkeit eigene Mitarbeiter möglichst fest zu binden, setzen Unternehmen aktuell unter Druck, durch möglichst flexible Arbeitsplatzbeschreibungen am Markt attraktiv zu bleiben. Hybride Arbeitsmodelle gelten dabei als Favorit. Sie bieten Arbeitnehmern und Arbeitgebern viele Vorteile, erfordern jedoch eine sorgfältige und gut durchdachte Umsetzung sowie eine perfekt funktionierende technologische Infrastruktur.
Das ursprünglich griechische Wort hybrid steht grundsätzlich für „von zweierlei Herkunft“ oder noch allgemeiner für „aus Verschiedenartigem zusammengesetzt“. Hybrides Arbeiten bezeichnet in diesem Sinn Arbeitsmodelle, bei denen nicht nur an festen Büroplätzen gearbeitet wird, sondern diese Präsenzarbeit durch andere Formen flexibel ergänzt wird. Die Variationsbreite in Bezug auf Ort und Zeit ist dabei sehr groß. Auch deshalb fällt es vielen Unternehmen so schwer, konkrete Schritte zur dauerhaften Implementierung von hybrider Arbeit zu unternehmen. Nach übereinstimmenden Ergebnissen diverser Studien haben zwar knapp 70 Prozent der jeweils befragten Unternehmen eine grobe Vision davon, wie sie durch hybride Arbeit die Mitarbeiterzufriedenheit erhöhen, die Produktivität steigern und die Kosten senken könnten, allerdings fehlt es an handfesten Realisierungsstrategien.
Arbeitswelt findet in einer Bandbreite statt. Auf der einen Seite steht der traditionelle Arbeitsplatz am Unternehmensstandort, an dem Mitarbeiter stets zur gleichen Zeit am immer gleichen Ort ihren Dienst verrichten. Am anderen Ende der Skala hat sich der virtuelle Ansatz etabliert, bei dem der Arbeitsort vollumfänglich flexibel ist und jeder Mitarbeiter ortsunabhängig, neudeutsch: remote, arbeitet. Der hybride Ansatz ist eine Kombination aus beiden, allerdings mit unterschiedlich ausgeprägten Facetten:
So ergeben sich aus dem Begriff hybride Arbeit eine Vielzahl von Varianten, denen nur ein Nenner gemeinsam ist: Es handelt sich grundsätzlich um eine Kombination aus Arbeit im physischen Office und aus der Ferne. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Modellen führen zu unterschiedlich stark ausgeprägten Vor- und Nachteilen.
Unter der Maßgabe, dass die folgend genannten Pluspunkte je nach gewähltem Modell, wie erwähnt, durchaus schwerer oder leichter ins Gewicht fallen können, sind sie grundsätzlich evident.
Flexible Arbeitsplatzmodelle verbessern die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und sozialem Leben. Wegfallende Pendelzeiten schaffen Zeitressourcen und die Arbeit im Home Office kann leichter mit familiären Verpflichtungen in Einklang gebracht werden. Im Ergebnis steigt die Mitarbeiterzufriedenheit deutlich.
Insbesondere auf die Generation nachwachsender, und so dringend benötigter, Fachkräfte wirken starre Arbeitszeiten am festen Büroplatz schlicht abschreckend. Die sogenannte Generation Z betrachtet flexible Arbeitszeiten und hinreichend selbstbestimmte Arbeitsorte als „das“ ausschlaggebende Argument, um eine neuen Job anzunehmen oder abzulehnen. Unternehmen werden sich diesen geänderten Prioritäten anpassen müssen, wenn sie attraktiv bleiben wollen.
Mitarbeiter, die sich in ihrem Job wohl fühlen, sind nicht nur leistungsbereiter und produktiver, sie kündigen auch seltener oder gar nicht. So bleiben erworbenes Wissen und Kenntnisse im Unternehmen, was sich in vielen Fällen als Wettbewerbsvorteil erweist.
Besonders abhängig vom gewählten Modell ist das mögliche Einsparpotential, das sich aus einer Flächenreduktion ergibt. Können Büroflächen deutlich verkleinert werden, so sinken die Fixkosten für Miete und Versorgungsdienstleister, die insbesondere in städtischen Lagen nicht unerhebliche Bilanzposten ausmachen.
Allein durch den Wegfall eines beträchtlichen Teils des täglichen Pendelverkehrs in die Innenstädte, werden nicht unerhebliche Mengen an Co2-Emissionen eingespart. Hybride Arbeit hat insofern auch einen durchaus umweltschonenden Aspekt. Der Wegfall einer täglichen Präsenzpflicht begünstigt zudem Seitwärtsbewegungen auf dem Immobilienmarkt: Immobilien außerhalb der Metropolen werden wieder interessant – und gekauft oder gemietet. Dies führt zu einer Stärkung des Umlandes und entlastet den überhitzten Immobilienmarkt in der City.
Auch wenn hybride Arbeit aus der Arbeitswelt der Zukunft kaum mehr wegzudenken ist, bedeutet dies nicht, dass ihre Einführung auf ungeteilte Zustimmung stoßen und vor allem reibungs- und problemlos vonstattengehen muss. Herausforderungen bestehen dabei nicht nur in der Berücksichtigung der jeweiligen Unternehmenskultur, sondern auch in der ganz praktischen Umsetzung.
Für nicht wenige Mitarbeiter ist die vertraute Kommunikation mit Kollegen am Arbeitsplatz ein wichtiger Bestandteil ihres sozialen Lebens. Sie benötigen diese Konstante sowohl für ihre produktive Leistung als auch für ihr persönliches Wohlbefinden.
Unter dem Begriff „proximity bias“ wird ein psychologischer Effekt zusammengefasst, den viele Mitarbeiter, die im Home Office arbeiten, fürchten: Er beschreibt ein Art Urteilsverzerrung, aufgrund der jeder Mensch unterbewusst das bevorzugt, was ihm räumlich näher und damit vertrauter ist. Bezogen auf hybride Arbeit bedeutet dies, dass Mitarbeiter im Büro eventuell eher befördert werden als Mitarbeiter aus dem Home Office. Hinzu kommt die Angst vieler der Remote-Arbeitenden, nicht ausreichend in den internen Informationsfluss eingebunden zu sein.
Unternehmer, die von hybrider Arbeit alles andere als begeistert sind, zweifeln oft an der Loyalität ihrer Mitarbeiter und sehen Schlendrian und Ineffektivität Tür und Tor geöffnet.
Die Einführung hybrider Arbeit erfordert eine umsichtige Koordination und eine schlüssige, begleitende Kommunikation. Ihr Funktionieren bleibt gleichwohl an die Investition in geeignete, technische Lösungen gebunden, die – als Hard- und Software – jedem Mitarbeiter, jederzeit und von jedem Ort aus Zugriff auf die Unternehmenskommunikation und relevante Daten erlaubt.
„Das“ optimale Modell hybrider Arbeit gibt es nicht. Vielmehr muss für jedes Unternehmen eine quasi maßgeschneiderte Lösung gefunden werden, die möglichst viele der denkbaren Vorteile integriert. Der erste Schritt in diese Richtung ist die Formulierung eindeutiger Ziele. Welcher Grad an Flexibilität soll erreicht werden? Welche betrieblichen Anforderungen müssen berücksichtigt werden? Was wünschen sich die Mitarbeiter? Welchen Kosten sind zu erwarten und sind diese über das vorhandene Budget gedeckt? In welchen Zeitrahmen wird ein Ergebnis angestrebt? Erst wenn diese und weitere Fragen möglichst eindeutig beantwortet sind, kann mit einer konkreten Umsetzung begonnen werden.
Hybride Arbeit ist seit der Pandemie integraler Bestandteil der Arbeitswelt. Sie wird als solcher niemals wieder einfach verschwinden. Unternehmerische Fürsorge offenbart sich nicht nur in der Einführung hybrider Arbeit überhaupt, sie zeigt sich vor allem in der Kunst, bei der Auswahl eines passenden Modells die eigenen Mitarbeiter in diesen Prozess einzubinden. Unternehmen, die den Weg gemeinsam gehen, gewinnen eine neue Form des Miteinander-Arbeitens, die alle Kennzeichen trägt, die Unternehmenskultur insgesamt nachhaltig und zukunftsgerichtet zu optimieren.